TEAG MAGAZIN 01|2018

1 7 / T E AG MAGA Z I N L ä u f t J etzt kommen die Internet-Cowboys!“ – Mit diesen Worten sollen die einen oder anderen Mitarbeiter der Feintechnik Eisfeld GmbH ihre neuen Eigentümer Andy Katz-Mayfield und Jeff Raider im Jahr 2014 begrüßt haben. Soweit nicht verwunderlich. Schließlich prallte die amerikanische New Economy auf Thüringer Tradition. Da kann es knirschen. Auf der einen Seite ein Traditionsunternehmen aus Eisfeld mit Mitarbeitern, die zum Teil in der vierten Generation Rasierklingen produzieren. Auf der ande- ren Seite zwei New Yorker Gründer mit Anfang 30, die ihren amerikani- schen Traum in der deutschen Provinz leben wollten – mit Millionen Dollar Risikokapital sowie einer überzeugenden Strategie und viel Un- ternehmergeist im Gepäck, aber ohne Erfahrung in der Rasierklin- gen-Produktion. Ihr Ziel: Mit trendig designten Nassrasierern und hochwertigen Klingen sowie einem ausgeklügelten Online-Shop-Sys- tem unter der Marke Harry’s den amerikanischen Markt erobern und den Platzhirschen Gillette und Wilkinson Marktanteile abluchsen. Dafür suchten Katz-Mayfield und Raider einen Standort, an dem sie die gesamte Wertschöpfungskette – von der Entwicklung bis zur Produktion unter einem Fabrikdach bündeln konnten. Scharf und langlebig Der Ruf der Feintechnik aus Eisfeld war 2014 so laut, dass ihn selbst die beiden New Yorker nicht überhörten. Seit 1920 wurden in den eins- tigen Ritzma Werken neben Rasierklingen auch Haarschneidemaschi- nen und Bleistiftspitzer gefertigt. In der DDR war das Unternehmen als VEB Feintechnik Eisfeld der einzige Produzent von Rasierklingen. Mit den Klingen, die ab 1974 das Etikett „rostfrei“ trugen, rasierte man sich sogar in Afrika und Asien. Im Jahr 2010 gehörte das Werk zu den weni- gen Produzenten, die einen Fünf-Klingen-Rasierer entwickelten. Ein Jahr später gelang eine weitere Innovation: Die Klingen werden seitdem im sogenannten Gotischen Bogenschliff bearbeitet – für mehr Schärfe und eine längere Lebensdauer. Viele gute Gründe also für ein Invest- ment in die deutsche Ingenieurskunst. Aber um auf der Erfolgsspur Fahrt aufzunehmen, brauchte es mehr als Startkapital und Klingen-Know-how. Und so schoben die neuen Ei- gentümer viele grundlegende Verbesserungen an. „Eine unserer größ- ten Aufgaben war bisher, die Strukturen von innen heraus zu verän- dern“, sagt Michael Hirthammer, Geschäftsführer bei Harry’s in Deutschland. „Wir führten agile Prozesse ein. So konnten wir unsere Abläufe verbessern und das Produktionsvolumen signifikant steigern. Unsere Kultur enthält viele Start-up-Elemente. Jeder kann sich bei uns einbringen, egal auf welcher Unternehmensebene.“ Trotz den 6.340 Ki- lometern und sechs Zeitzonen, die zwischen den Standorten Eisfeld und New York liegen, arbeiten die Teams standortübergreifend an Pro- jekten zusammen. Man trifft sich in Videokonferenzen oder persönlich in Meetings auf beiden Seiten des Teichs – Sprachbarrieren zwischen den Mitarbeitern mit 17 unterschiedlichen Nationalitäten fallen dank kostenlosen Deutsch- und Englischunterrichts. Die kulturelle Vielfalt sei sowieso eine Bereicherung, ist sich Hirthammer sicher. Das Erfolgs- rezept bringt er wie folgt auf den Punkt: „Harry’s verbindet das Beste aus zwei Welten.“ H A A R S P A L T E R E I So schnell wächst das Barthaar 2,8 mm pro Woche 15.000 Barthaare hat ein Mann im Durchschnitt. Der Längste Mit 5,33 Metern Länge trug der Norweger Hans Langseth (1846 bis 1927) den bislang längsten gemessenen Bart. Weil er nach westlichem Vorbild glattrasierte Gesichter zeitgemäßer fand, belegte Zar Peter der Große Träger langer Bärte ab 1698 mit einer Bartsteuer. Dafür erhielten die Bartträger als Quittung eine sogenannte Bartkopeke. Geschliffener Success: Agile Prozesse, Kommunikation und Offenheit quer über den Teich gehören zum Erfolgs­ rezept von Harry’s. www.harrys.de

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