Paul-Philipp Braun/TEAG

Energiezukunft gestalten: Forschung und Energieversorger gehen gemeinsame Wege

HySON Institut Sonneberg und TEAG entwickeln innovative Wasserstoff-Projekte

Der Thüringer Energieversorger TEAG und das HySON Institut Sonneberg entwickeln gemeinsam innovative Wasserstoff-Projekte für die regionale Energiewende. Das Forschungsinstitut arbeitet unter anderem an Technologien wie Grünem Kalk und Hochdruck-Membranverdichtern, während die TEAG die Umsetzung von Wasserstoffprojekten in der Praxis plant. Konkrete Projekte sind hier z.B. der Wasserstoff-Standort Kirchheilingen mit Photovoltaikanlage und Elektrolyseur, die geplante Umrüstung des Heizkraftwerks Jena auf Wasserstoffbetrieb sowie Tests am Speicher in Kirchheilingen. Im TH2ECO-Projekt vernetzt die Partnerschaft Wasserstoff-Erzeugung, Transport und Speicherung thüringenweit. Die Kooperation zeigt, wie Energieversorger und Forschung Wasserstoff vom Laborexperiment zur praktischen Energielösung entwickeln und ein dezentrales Netzwerk für nachhaltige Energieversorgung schaffen.

 

Überblick

  • Erfolgreiche Forschungskooperation: Lernen Sie, wie Energieversorger TEAG und HySON Institut gemeinsam Wasserstoff-Technologien von der Theorie in die Praxis bringen
  • Praxisnahe Forschung: Entdecken Sie, wie das HySON Institut mit "Grünem Kalk" CO2 aus der Kalkproduktion in wertvollen Kohlenstoff umwandelt
  • Regionale Energiewende: Verstehen Sie, warum dezentrale Wasserstoff-Netze für ländliche Regionen wie Thüringen besser funktionieren als zentrale Lösungen
Paul-Philipp Braun/TEAG

Was kann Wasserstoff? Die Frage stellen sich in den letzten Jahren immer mehr Menschen. Die Antwort darauf ist oftmals einfach: Wasserstoff kann Autos fahren lassen und Industriegebäude heizen. Und doch ist diese Denke viel zu einfach, findet auch Dr. Mario Einax. Der studierte Physiker leitet seit einem Jahr das HySON Institut in Sonneberg. Zuvor war er in Botswana, forschte im israelischen Tel Aviv und an der Technischen Universität Ilmenau. Im Fokus seiner Arbeit stand, immer wieder, das Thema Energie – mit Photovoltaikanlagen, auf Gas-Basis und im Mikro-Kosmos der Teilchen.

Doch von der reinen Forschung und der trockenen Theorie ist Dr. Mario Einax inzwischen weggekommen. Das Sonneberger Institut begreift er als „Transformationshelfer für die Dekarbonisierung in Industrie und Kommunen“. Rund 20 Mitarbeitende beschäftigen sich hier mit dem Element mit der geringsten Atommasse. Im Fokus stehen dabei Projekte wie ein Hochdruck-Membranverdichter mit dem Arbeitsnamen HyPressure oder ein Verfahren zur effektiven Kohlenstoffdioxid-Abscheidung in der Kalkindustrie – es geht dabei um sogenannten Grünen Kalk.

Dezentrale Strategie: Thüringens ländlicher Vorteil

Paul-Philipp Braun/TEAG

Doch HySON ist nicht nur in seiner Forschung breit aufgestellt, auch die Kooperationen sind vielfältig. Die TEAG Thüringer Energie AG arbeitet schon seit einigen Jahren mit dem recht jungen Institut zusammen. TEAG-Geschäftsbereichsleiter Dr. Matthias Sturm hat selbst an der Technischen Universität in Ilmenau studiert und promoviert und ist in seiner Funktion auch im Wissenschaftlichen Beirat des Unternehmens. „Hier geht richtig etwas voran. Wir profitieren gegenseitig von der Partnerschaft“, sagt Sturm und freut sich, mit Dr. Mario Einax ins Fachgespräch über Wasserstoff einsteigen zu können. Der größte Energieversorger Thüringens hat einige Anwendungsfälle, bei denen Wasserstoff eine zentrale Rolle spielt. Erst im März 2024 hatte in den Räumlichkeiten der TEAG in Erfurt die erste Thüringer Wasserstoffkonferenz zu einem perspektivischen Wasserstoff-Netzaufbau stattgefunden.

Damals stand das zentrale Wasserstoffnetz 2029/2030 im Fokus der Tagung. Ein Ansatz, der aus Sicht Dr. Mario Einax´ aber nur bedingt funktioniert und definitiv um einen wichtigen Aspekt ergänzt werden muss. „Thüringen ist sehr ländlich geprägt, Sonneberg ist da ein gutes Beispiel für. Ich glaube, dass eine Wasserstoffstrategie nur dauerhaften Erfolg haben kann, wenn sie gezielt auf ein dezentrales und effektive Angebot setzt“, sagt Einax und Dr. Matthias Sturm ergänzt: „Wichtig ist aber, dass dafür die Leitungen ertüchtigt werden und wir zugleich unser Personal schulen, das läuft parallel.“

Vor diesem Hintergrund spricht Dr. Matthias Sturm zugleich von der „Zukunft der Gasversorgung“, die mit Wasserstoff ermöglicht werden kann und bei der auch der TEAG-Speicher in Kirchheilingen im Unstrut-Hainich-Kreis eine zentrale Rolle spielt.

Porenspeicher und Überschussenergie: Wasserstoff als Energiepuffer

Paul-Philipp Braun/TEAG

„Unser Vorteil besteht dabei auch darin, dass wir einen klüftigen Porenspeicher haben, der besser mit Wasserstoff umgehen kann als viele der vielerorts genutzten Kavernenspeicher“, sagt Dr. Matthias Sturm und ergänzt, dass die systemische Ausrichtung der TEAG-Gruppe ein elementarer Bestandteil in der gegenwärtigen und zukünftigen Entwicklung von Innovationen wie der Anwendung von Wasserstoff sei. Vor diesem Hintergrund kann Sturm sich vorstellen, dass Wasserstoff-Elektrolyse künftig auch in der Energiewende eine wichtige Rolle spiele. So sieht der Geschäftsbereichsleiter die Option, durch regenerative Energien eingespeiste Überschussleistung während einer Hellbrise für die Wasserstoffgewinnung zu nutzen: „Elektrolyseure brauchen viel Energie. Wir könnten den Energieüberschuss aus Solaranlagen und Windkraft während des Überangebots gezielt nutzen; und im Bedarfsfall bei Dunkelflauten sogar aus Wasserstoff zurückwandeln. Aber das Konzept gibt vorrangig Reservesicherung einen Sinn.“

Dennoch sei Wasserstoff längst nicht nur auf das Energiethema selbst zu beschränken, ergänzt Dr. Mario Einax. Mit verschiedenen Projekten forscht das HySON-Institut auch zur Abscheidung von klimaschädlichen Kohlenstoffverbindungen durch den Wasserstoff-Einsatz. Das Vorhaben rund um den Grünen Kalk ist einer dieser Pläne. Beim Brennen von Kalkstein entsteht unweigerlich das Treibhausgas Kohlendioxid. Anstatt dieses einfach in die Atmosphäre zu entlassen, wird es gemeinsam mit grünem Wasserstoff in einem Reaktor zu Methan und Wasser umgewandelt. Das gewonnene Methan wird getrocknet, gereinigt und kann dann gespeichert oder weiterverarbeitet werden. In einem zweiten Verfahrensschritt lässt sich das Methan unter Hitzeeinwirkung in festen Kohlenstoff und Wasserstoff aufspalten. Der Kohlenstoff bleibt als fester Stoff zurück und kann sicher abgetrennt werden, während der freigesetzte Wasserstoff wieder in den Kreislauf zurückfließt. So wird das schädliche Kohlendioxid aus der Kalkproduktion nicht einfach freigesetzt, sondern in eine nützliche Form umgewandelt. Neben der Reifenindustrie, setzen auch die Halbleiterfertigung oder die Produktion von Aktivkohle auf den festen Kohlenstoff. „Damit hat auch das Nebenprodukt unserer Forschung noch einen großen Wert“, freut sich Dr. Mario Einax.

Vom Inseldasein zum vernetzten System

Ein weiterer Aspekt der Zusammenarbeit von TEAG und HySON ist unter anderem das TH2ECO-Projekt, an dem sich auch Stadtwerke und andere Energieanbieter mit Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen zusammengeschlossen haben. Neben der Erzeugung des Grünen Wasserstoffs, sollen insbesondere dessen Verteilung und Transport im Fokus des Vorhabens stehen. Eine erste Elektrolyse-Anlage hat die TEAG bereits am Erfurter Kreuz beim Unternehmen Hörmann mit errichtet. Dennoch sei auch diese Anlage, sagt Dr. Matthias Sturm, zunächst nur eine Insel im großen Thüringer Energie-Ozean. „Es wird sich auch beim Wasserstoff wie im ausgehenden 19. Jahrhundert beim Strom entwickeln: Aus vielen kleinen und einzelnen Lösungen, entsteht mit der Zeit ein großes Ganzes, ein komplettes Netz.“
HySON-Chef Dr. Mario Einax pflichtet Sturm bei: „Wasserstoff ist mehr als nur ein Energieträger und unsere gemeinsame Aufgabe ist es, dass wir uns über seine Speicherung, die effiziente Komprimierung aber auch die angesprochene Nutzung von Nebenprodukten Gedanken machen. Aber das funktioniert auch nur im engen Austausch und dafür sind wir hier schon auf einem guten Weg!“