Im HKW sind Heißwasserspeicher entstanden.
Carlo Bansini/TEAG

Neue Ideen auf altem Fundament

40 Meter hoch sind die Heißwasserspeicher, die direkt auf dem Fundament des alten Schornsteins errichtet werden.

Der große 225-Meter-Schornstein im TEAG-Heizkraftwerk Jena ist Geschichte – trotzdem wachsen auf dem HKW-Gelände schon wieder Bauwerke in den Himmel: 40 Meter hoch sind die Heißwasserspeicher, die direkt auf dem Fundament des alten Schornsteins errichtet werden. Schon von der Rudolstädter Straße aus werden zwei der künftig drei Stahlzylinder in der Lichtstadt zu sehen sein.

Jahrzehntelang rauchte dort zuvor der große Schornstein, der nur gebaut worden war, damit die Abgase und Schadstoffe der Braunkohleverbrennung nicht direkt die im Saaletal liegende Stadt Jena verpesteten. Der Abriss des bis dahin höchsten Bauwerks in Thüringen hat mehrere Monate gedauert, denn dabei mussten rund 6.000 Tonnen Beton und Stahl bewältigt werden. „Wegen der dichten Bebauung im direkten Umfeld des Heizkraftwerks war eine Sprengung ausgeschlossen, der Schornstein wurde deshalb mit Spezialtechnik Stück für Stück abgetragen“, erinnert sich Mario Schroth, Kraftwerksleiter. Mit dem Ende der Abrissarbeiten im Juli 2019 wurde auch der Kohleausstieg Thüringens unwiderruflich besiegelt. Inzwischen hat der alte Kohle-Riese für moderne und umweltfreundliche Energietechnik Platz gemacht. Im HKW Jena entsteht derzeit eine 63 Megawatt-Gasmotorenanlage. Ergänzt wird die Anlage durch einen effizienzsteigernden Wärmespeicher.

Im HKW Jena sind Heißwasserspeicher entstanden.
Carlo Bansini/TEAG

Druck und Dampf für Jenas Wohnungen

Auf dem Jenaer HKW-Gelände wurde eine kreisrunde Betonplatte mit 30 Metern Durchmesser gegossen, auf der seit August 2019 die ersten Stahlteile für den Heißwasserspeicher stehen – dieser ist übrigens nicht schon vor der Inbetriebnahme verrostet, auch wenn die großen Stahltürme vollständig rostbraun überzogen sind. Die 40 Meter hohen Stahlröhren mit einem Durchmesser von zehn Metern sind aus Blechen mit einer Dicke von circa 25 Millimetern zusammengeschweißt, lediglich an der Oberfläche der Metallwände hat sich sogenannter Zunder gebildet. Dieser Zunder wird aber bis zur Fertigstellung der Speicher durch eine korrosionsfeste Oberflächenbeschichtung bedeckt. Zudem werden die Stahlbehälter rundherum mit einem 30 Zentimeter dicken Isoliermantel versehen. Korrosion ist dann kein Thema mehr.

Technisch werden die Speicher benötigt, um überschüssige Wärme aus dem Betrieb der neuen Gasmotoren und der bereits vorhandenen Gasturbinenanlage aufzunehmen. Die Generatoren der Gasmotoren erzeugen Strom, die dabei anfallende Wärme kann teilweise sofort im Fernwärmenetz der Stadt Jena verbraucht werden. Der „Rest“ kommt in die Wärmespeicher zur späteren Nutzung. So wird im Gesamtprozess keine Energie verschwendet – und der Wirkungsgrad der Anlage liegt insgesamt über 90 Prozent.

2.960 Kubikmeter Wasser, 260 Tonnen Leergewicht, 130 Grad Celsius

Jeder der 40-Meter-Speicher fasst 2.960 Kubikmeter Wasser – das reine Leergewicht der Stahlzigarren beträgt nochmal 260 Tonnen. Damit wiegen die drei Speicher zusammen mit dem Wasser fast 10.000 Tonnen. Dem Betonfundament macht dies jedoch nichts aus, es wurde für den früheren 225-Meter-Schornstein dimensioniert. Um möglichst viel Energie in Form von Heißwasser aufnehmen zu können, werden die Speicher mit zehn bar Druck betrieben. Dadurch ist es möglich, Wasser mit einer Temperatur von bis zu 130 Grad Celsius zu speichern, ohne dass es bei circa 100 Grad Celsius verdampft. Diese Verfahrensweise erhöht die gespeicherte Energie deutlich. Das Material der Speicher würde sogar eine Heißwassertemperatur bis zu 144 Grad Celsius ermöglichen. 130 Grad entspricht jedoch der maximalen Vorlauftemperatur für die Wärmeversorgung der Stadt Jena. Die Ausführung als Druckwärmespeicher dient auch einer zukünftig möglichen Einbindung von „power to heat“, um im Zuge des weiteren Ausbaus von erneuerbaren Energiequellen elektrische Überschussenergie nicht mehr abregeln zu müssen, sondern sinnvoll verwenden zu können.

Wärmeenergie für einen Tag im Puffer

Die Gesamtspeicherkapazität des Kraftwerkes liegt nach Inbetriebnahme der Druckspeicheranlage bei etwa 1.050 Megawattstunden. Damit zählt die Anlage deutschlandweit zu den wenigen Standorten mit einer installierten Speicherkapazität größer als 1.000 MWh. An einem normalen Wintertag ist es so möglich mit allen Speichern des HKW den Fernwärme- und Warmwasserbedarf der Stadt Jena rund 12 Stunden lang abzudecken. Im Sommer ist die Wärmenutzung naturgemäß wiederum geringer. Bei einem Bedarf von rund 10–20 Megawatt Wärme pro Stunde können die Speicher die Saalestadt dann sogar über drei Tage versorgen, ohne dass ein Gasmotor oder eine Turbine im Kraftwerk in Betrieb genommen werden muss. Geleert werden die Turmspeicher übrigens nie. Bei der Ausspeisung von Heißwasser wird dieses mit kälterem Wasser aus dem Rücklauf des Fernwärmesystems herausgedrückt. Die Einspeisung erfolgt dann genau umgekehrt.

Wärmespeicher für das HKW Jena
Carlo Bansini/TEAG

Die drei 40 Meter hohen Stahltürme fassen knapp 3.000 Kubikmeter Heißwasser und stehen auf dem Fundament des alten 225-Meter-Kohleschonsteins.

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